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Projekte

Entwicklung neuartiger Embodimenttechniken für die Psychotherapie

 

Titel: Der peripersonale Raum (PPR): Embodiment von Schutz und Sicherheit

Status: laufend

Beschreibung: Aus neurowissenschaftliche Sicht wird in jeden Moment unseres Lebens die Grundlage für unser bewusstes Selbst in unserem Körper hergestellt (Blanke et al., 2015). Gefühle von Verletzbarkeit und Sicherheit sind somit unmittelbar mit dem Körper verbunden. Eine besonders wichtige Rolle spielt dabei der sog. peripersonale Raum (PPR). Es handelt sich dabei um eine Zone, die sich etwa in Armreichweite um den Körper herum ausdehnt.

Der peripersonale Raum (PPR) enthält die Objekte, mit denen man im Hier und Jetzt interagieren kann.

  • er spezifiziert unseren privaten Bereich in sozialen Interaktionen und
  • umfasst die Hindernisse oder Gefahren, auf die der Organismus achten muss, um seine Integrität zu bewahren (Brozzoli et al., 2012; Coello et al., 2012; Sambo et al., 2013; Iachini et al., 2014).

Primäres Ziel einer jeden Therapie muss vor allem anderen das Schaffen basaler Sicherheit für den Patienten sein. Besonders gravierend ist dieses Thema für Patienten mit traumatisierenden Erfahrungen. Die zentrale Bedeutung dieses Zieles für den Fortschritt der Therapie ergibt sich ausfolgendem:

  • Wer sich nicht sicher fühlt verbleibt auf einem relativ hohen Stressniveau und verbraucht zu viel Aufmerksamkeitskapazität für das Abtasten der Umgebung, ist also zu sehr mit Neurozeption beschäftigt.
  • Da die Aufmerksamkeit dabei stärker nach außen gerichtet ist, ist die Wahrnehmung innerer Vorgänge stark eingeschränkt, was aber generell für eine Verbesserung der Selbstregulation unerlässlich wäre.
  • Aufmerksamkeit insbesondere für Vorgänge im Innern des Körpers stärkt  hingegen die Fähigkeit zur Interozeption. Diese wird für das Wahrnehmen von Körpersignalen, sowie das Erkennen und Benennen von Emotionen benötigt (Pollatos & Ferentzi, 2018).

Solche Befunde inspirieren uns bei der Entwicklung neuartiger Embodimenttechniken für die Psychotherapie:

Patienten können damit lernen durch eigene Aktivität z.B. einen sicheren Ort zu gestalten, denn Imaginationen alleine sind dabei oft nicht zielführend. Der Körper ist aus neurowissenschaftlicher Sicht Ausgangspunkt für die Entwicklung des Selbst und seiner Grenzen. Deshalb setzen wir mit unserer Intervention auch unmittelbar beim Körper und dem ihn umgebendem peripersonalen Raum (PPR) an.

 

Kooperationspartner:

  • Universität Ulm, Lehrstuhl für Gesundheits- und Klinische Psychologie, Prof. Dr.Dr. Olga Pollatos, Dres Eva Messner, Matthias Messner, Dana Schultchen, Felicitas Weineck
  • University of Queensland, Brisbane, School of Psychology, Prof. Dr. Ada Kritikos, Dr. Mick Zeljko, MA Jennifer Day

Titel: Entwicklung und empirische Überprüfung von Embodimenttechniken zur Verbesserung der Emotionsregulation.

Status: laufend

Beschreibung: Etliche Untersuchungen belegen, dass Defizite in der Fähigkeit zur Interozeption mit Schwierigkeiten beim Erkennen, Benennen und Regulieren von Emotionen zusammenhängen. Darüber hinaus erhöhen solche Defizite auch signifikant das Risiko psychisch zu erkranken (Murphy et al., 2017). Obwohl die große Bedeutung von Interozeption für eine günstige Emotionsregulation wohl bekannt ist, existieren kaum Interventionen, die man in der klinischen Praxis anwenden könnte. In diesem Projekt, das gerade angelaufen ist, werden Embodimenteffekte, die im Rahmen der Grundlagenforschung entdeckt worden sind, aufgegriffen. Indem diese in geeigneter Weise kombiniert werden, entstehen Trainingsformate für Patienten. Diese werden in ihrer Wirksamkeit überprüft. Für diesen Test werden zunächst gesunde Studentenstichproben der Universität Ulm und danach klinische Populationen einbezogen. Besonderer Fokus liegt hier zunächst auf Patienten mit Anorexie, Adipositas und Autismus.

Kooperationspartner:

  • Prof. Dr. Dr. Olga Pollatos, Dr. Matthias Meßner, Felicitas Weineck, Dana Schultchen von der Abteilung Klinische & Gesundheitspsychologie und Dr. Eva-Maria Meßner von der Abteilung Klinische Psychologie und Psychotherapie der Universität Ulm
  • Dr. Tania Pietrzak (Latrobe University, Melbourne)
  • ANAD e.V. Versorgungszentrum Essstörungen 

Veröffentlichungen: 

Weineck, F., Messner, M., Hauke, G. & Pollatos, O. (2019). Improving interoceptive ability through the practice of power posing: A pilot study. PLoS one accepted for publication.


Titel: Connected Couple Intervention: Die klinischen Anwendung von Embodimenttechniken in der Paartherapie.

Status: abgeschlossen in 2016

Beschreibung: Kommunikation beginnt längst im Körper, noch bevor verbaler Austausch passiert. Zur Verbesserung der gegenseitigen Empathie, der Emotionsregulation und der Partnerzufriedenheit werden verschiedene Embodimenttechniken eingesetzt. Die Arbeit im Emotionalen Feld hilft dabei, auch die tiefer liegenden, oft verborgenen Emotionen der Partner zu erschließen. In dieser Studie wurden drei Hypothesen formuliert:

  1. Die Experimentalgruppe zeigt signifikante und bedeutungsvolle Zunahmen in verschiedenen Empathiemaßen, in der Partnerzufriedenheit sowie einen sicheren Bindungsstil bei gleichzeitig sinkenden Depressionswerten.
  2. Diese Effekte stehen in Zusammenhang mit dem verbesserten gegenseitigen Verständnis der Partner in Bezug auf ihre individuellen Emotionen und Schemata.
  3. Die Wartelisten-Kontrollgruppe zeigt vergleichsweise keine Veränderungen.

Methode: Stichprobengröße (N = 20 mit 10 Paaren) aufgeteilt in Experimental- und Wartelistenkontrollgruppe. Gemessen wurden die folgenden Parameter:

  • affektive und kognitive Aspekte von Empathie
  • Zufriedenheit in der Partnerschaft
  • Bindungsstil in engen Beziehungen
  • Depression

Die Paare erhielten 20 Stunden Gruppentherapie mit folgenden Schwerpunkten:

  • Kohäsion wird zwischen den Gruppemitgliedern mittels angeleiteter Übungen zu Imitation und Synchronizität hergestellt
  • Aufdecken des frustrierenden „Partnertanzes“ aufgrund der unterschiedlichen emotionalen Überlebensstrategien beider Partner. Die anderen Gruppenmitglieder fungieren dabei als Resonanzboden und später als Brücke für die Themen des einzelnen Paares. Die Imitation auf der Körperebene als Ausgangspunkt für Reflexionen spielt dabei eine zentrale Rolle.
  • Jedes Paar entwickelt seine Lösung auf der Grundlage der jeweiligen Bedürfnisse. Die Emotionen dienen dabei als Navigationshilfe und so entsteht eine „bewegte“ Lösung über den Körper, die anschließend versprachlicht und in konkrete Projekte für den Alltag übersetzt wird.

Ergebnisse: Multivariate ANOVA zeigt in der Experimentalgruppe bedeutungsvolle Zuwächse in den Empathiemaßen und in der Partnerzufriedenheit im Vergleich zur Kontrollgruppe. Es fanden sich keine signifikanten Veränderungen in den Depressionsmaßen und im Bindungsstil der Paare.

Kooperationspartner:

  • Dr. Tania Pietrzak (Latrobe University, Melbourne)
  • Leanne Kennedy, Neuropsychologin (Melbourne, Australien)
  • Evelyn Beverly Jahn

Veröffentlichungen: 

  • Lohr C., & Pietrzak T. (2018): Distressed  couples:  Improving  mutual  empathy  and  emotional  regulation  using  embodied  empathy  mechanisms. In: Hauke G., Kritikos A. (Hrsg.): Embodiment in Psychotherapy: A Practitioner's Guide, Springer Verlag, New York
  • Hauke, G., Flies, E., Kleiman,, Kritikos, A., Lohr, C., Pietrzak, T., & Schmidt, A. (2016). Symposium „Embodied Cognition In Cognitive And Behavioural Therapy (CBT): Bodies And Minds Together” on the 8th World Congress of Behavioural and Cognitive Therapies (2016), Melbourne/Australia
  • Pietrzak T., Hauke G. & Lohr, C. (2016). Connecting Couples Intervention: Improving couples’ empathy and emotional regulation using embodied empathy mechanisms. European Psychotherapy 13, 66-98.